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Wochenbrief

Drei Fragen an Dimitri de Perrot

Ab Donnerstag zeigen wir das Deep-Listening-Theater «UNTER UNS – Eine Reise in die Tiefen des Bodens». Wir haben dem Regisseur Fragen zur Produktion gestellt. Wochenbrief #12

Team Gessnerallee, 6. November 2024

Copyright: Dimitri de Perrot

Liebe Besucher*innen der Gessnerallee, liebe Kulturinteressierte, liebe Künstler*innen

Weil wir morgen in der Gessnerallee zum ersten Mal «UNTER UNS – Eine Reise in die Tiefen des Bodens» zeigen, wollten wir von Regisseur Dimitri de Perrot mehr zu seinem Deep-Listening-Theater wissen.

Gessnerallee: In «UNTER UNS» erkundet das Publikum während 70 Minuten mit Deep Listening die verborgenen Welten des Bodens als lebendigen Schatz in einer experimentellen theatralischen Erfahrung. Wie ist die Idee dazu entstanden? Was hat dich dazu inspiriert?

Dimitri de Perrot: Am Anfang stand die Frage der Begegnung: Wie frei bin ich, wenn ich Neuem begegne – einer anderen Sicht, einer noch unbekannten Idee? Das Ungewisse und Unvorhersehbare kann schnell bedrohlich wirken, doch ich sehe darin etwas zutiefst Lebendiges und Kreatives, dem ich Platz geben will. Es ist die Natur des Lebens, im steten Wandel zu sein, sich immer neu zu verweben. Daraus entstand das Bild, dem Boden zuzuhören – als Fundament des Lebens. Boden ist ein riesiges Netzwerk, das aufnimmt, verhandelt, verwebt und weiterentwickelt in einer grossen Kollaboration über Unterschiede und Zeitlichkeiten hinweg.

Du begreifst Hören und das Erspüren von Klang als eine Fähigkeit, die immer wieder geübt und gepflegt werden muss, damit sie sich entfalten kann. In deinen Raum- und Soundinstallationen entstehen Reflexionsräume, die das Nachdenken über die Grenzen zwischen Individuum und Gemeinschaft und die Verbindung zu einer gemeinsamen Realität ermöglichen. Was sind deine Gedanken dazu?

Oft stelle ich mir das Leben als grosse Improvisation vor – ein Tanz des Moments, von allen, die da sind, mit allem, was da ist. Eine essenzielle Grundlage dafür ist das Zuhören. Listening oder Deep Listening erfordert vom Publikum, das Unklare zuzulassen, wo es keine schnellen Bilder oder Antworten gibt. Gesellschaftlich neigen wir dazu, uns an vermeintliche Gewissheiten zu klammern. Zuhören und Erhören ermöglichen es, uns als Teilhabende eines grösseren Systems zu erkennen.

«UNTER UNS» ist auch für Kinder (empfohlen ab 10 Jahren) zugänglich. Du hast neulich gesagt, dass Kinder oft ein dankbares Publikum sind. Wieso?

Mit meinen Stücken möchte ich einen theatralen Raum schaffen, in dem wir etwas Spezielles erleben können und neugierig werden. Bewusst erzähle ich ohne klassische Narration, sondern lasse Klang, Raum und Präsenz sprechen. Sich auf das Hören einzulassen, bedeutet auch, Kontrolle loszulassen und den eigenen Assoziationen Raum zu geben. Kindern gelingt das oft sehr gut: Sie verbinden sich spielerisch mit dem Moment. In Vorführungen fällt mir auf, wie ihre Neugier und Unbefangenheit oft eine Atmosphäre schaffen, die es auch Erwachsenen erleichtert, sich dem Hören und dem Hier und Jetzt hinzugeben.

Copyright: Dimitri de Perrot

Neben Dimitri de Perrots Deep-Listening-Theater ist morgen zudem der New Yorker Künstler Dawuna bei uns im Stall6 zu Gast. Mehr Überblick der Woche über Programmpunkte, Zeitungsartikel, Neuigkeiten und alles, was wir mit Ihnen teilen wollen:

Programmempfehlungen der Woche

7. November, 21.30 Uhr  

Dawuna

Sein Debüt, das Album «Glass Lit Dream», wurde von «The Guardian» als «eines der Meisterwerke des Jahres 2021» bezeichnet, nun kommt der in New York lebende Künstler Dawuna in die Gessnerallee. Wir freuen uns auf zarten R&B, verwobene, berauschende und einzigartige Produktionen. Mehr Informationen

7. bis 10. November
«UNTER UNS – Eine Reise in die Tiefen des Bodens»

Die Szenografie von Dimitri de Perrots «UNTER UNS – Eine Reise in die Tiefen des Bodens» besteht aus einer aufblasbaren Hülle, die den gesamten Aufführungsraum einnimmt und die Aussenwelt zum Verschwinden bringt. Im Inneren der Hülle stossen die Besucher*innen auf einen weitläufigen, klingenden und bebenden Boden. Als riesiges Musikinstrument lädt dieser ein, sich während 70 Minuten hinzulegen und ihm zuzuhören. Mehr Informationen

Zeitung

«Das Theater war das Leben, das Leben war Theater»

Wieso sie so lange an der Gessnerallee geblieben sind? «Wegen des Theaters», sagen die beiden Techniker André Donzé und Küde Brun in unserem Porträt. Theater sei immer in Bewegung und es sei politisch, ein Ort für wichtige gesellschaftliche Debatten. Das Theater hat es aber auch an sich, stets nach vorn zu schauen – und selten zurück. Doch jede Zukunft habe auch ihre Vergangenheit. «Es ist doch seltsam, dass kaum noch jemand von früher weiss.» Zum Beitrag

Ausserdem

Vergangenen Donnerstag luden der Vorstand und die Theaterleitung zum «Resonanzraum» ein, um sich gemeinsam über Erwartungen und Wünsche an die neue Theaterleitung und die Gessnerallee auszutauschen. Gekommen sind Künstler*innen, die aufgrund ihrer politischen Verhältnisse in ihren Heimatländern neu in der Stadt sind und das Haus besser kennenlernen wollen, und Vereinsmitglieder, die sich seit Jahren für das Haus engagieren, bis hin zum ehemaligen Kulturdirektor, der massgeblich dazu beigetragen hat, dass die Gessnerallee heute diese wunderbare Kulturinstitution sein kann, die sie ist. Es war eine inspirierende und anregende Runde mit verschiedenen Generationen, Perspektiven und Hintergründen – alle eint, dass sie die Gessnerallee schätzen und lieben und sich wünschen, dass sie noch viele Jahre erfolgreich ihrem Auftrag als ein Ort für die zeitgenössischen Künste im Herzen von Zürich nachgehen kann.

Sie sind ebenfalls begeistert von der Gessnerallee und möchten sich für die Entwicklung und das Weiterbestehen dieser schönen und lebendigen Kulturinstitution einsetzen? Werden Sie Vereinsmitglied und schreiben Sie uns an: info@gessnerallee.ch.

Wir freuen uns, Sie bald wiederzusehen.

Das Team der Gessnerallee

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